Stern der Hoffnung

Weihnachtsbrief 2023

Liebe Freundinnen, liebe Freunde des Stern der Hoffnung!

»Ich komme aus dem Nichts, ich bin einfach in die Welt gefal­len«, sagte Júlia.

In einem Bananenkarton wurde das neugeborene Mädchen an einem 24. Dezember neben der Pforte eines Waisenhauses ge­funden. Der Jugendrichter nannte das winzige Geschöpf Júlia und fügte »de Deus« hinzu: »Júlia von Gott«. Sie sei vom Him­mel gefallen.

Júlias eigene Erinnerungen an ihre frühe Kindheit sind mit einem großen und kalten Ge­bäude verbunden und mit vielen Nonnen, die ständig darauf bedacht waren, aus ihr ein liebes und fleißiges Christkind zu machen. Júlia de Deus wurde damals immer lebhafter, immer neugieriger - und immer störrischer. Zu viele Bestrafungen kamen zu den täglich wachsenden häuslichen Aufgaben hinzu.

An den Sonntagen gab es wichtige Besuche. Paare, die ein Kind adoptieren wollten, kamen zur Messe und konnten sich nach dem Gottesdienst nach ihrem Belieben ein Kind aussu­chen. Die Blicke, die auf Júlia fielen, wandten sich stets gleich wieder ab. Sie hatte das Gefühl, unsichtbar zu sein.

Als sie zwölfjährig wurde, teilte ihr die Mutter Oberin mit, eine barmherzige Seele würde sie als Gesellschafterin aufnehmen. Endlich konnte sie die traurige Welt des Waisenhauses ver­lassen! Die wenigen persönlichen Gegenstände waren schnell gepackt und es dauerte nur wenige U-Bahn-Stationen, bis sie vor ihrem neuen Zuhause stand. Júlia wurde allerdings unsicher, denn die barmherzige Seele entpuppte sich als eine hilfsbedürftige, ständig kla­gende und kranke »Mama«. Sie hatte offensichtlich eine kostenlose Hausangestellte ge­sucht, die rund um die Uhr als Krankenschwester für sie da sein sollte. Niemand fragte die kleine Júlia, ob sie bleiben wollte - sie hatte ungefragt alles zu erledigen, was von ihr ver­langt wurde.

Mit 15 Jahren ergriff sie die Flucht. Júlia landete am untersten Ende der sozialen Leiter, im chaotisch gefüllten Drogenrevier von »Cracolândia«. Die allerersten Drogen empfand sie als Erlösung. Es schien ihr, als würde sich das Unglück in Nichts auflösen.

Doch nun griffen andere Hände nach ihr. Sie geriet in den Sog von Drogenhändlern und Zuhältern, von üblen Kunden und Krankheiten - auch in die Hände von AIDS. Abgemagert brachte sie einen kränklichen Jungen zur Welt, der ihr schon bald entrissen wurde. Eine engagierte Sozialarbeiterin organisierte in der Ecke eines leeren Grundstücks eine Art Hütte für sie. Hier hauste sie nun: zu schwach, um weiterzuleben, und zu hartnäckig, um zu ster­ben. Wenigstens war sie jetzt selbständig. Ein Sturz nach einem Schlaganfall setzte auch dieser Unabhängigkeit ein Ende. Alarmiert fanden die Mitarbeitenden der Casa Esperanga die junge Júlia. Sie ließen sie gründlich untersuchen, versorgten sie mit den nötigen anti-retroviralen Mitteln und nahmen sie auf. In dem gastfreundlichen Hospiz in der Ostzone von Säo Paulo hat sie wieder angefangen zu lachen und zu träumen. Das verwinkelte und freundliche Haus mit den vielen Rolli-Fahrenden, die neuen Freunde und Freundinnen und das Personal, das ihr Tag und Nacht zu Diensten steht, scheinen ihr zu gefallen! Jetzt ist der »Stern der Hoffnung« ihr Zuhause.

In Benin, im Armutsgebiet Westafrikas, hat Tayo nichts zum Träumen. Er war gerade mal drei Jahre alt gewesen, als seine Mutter an AIDS verstarb und ihn angesteckt zurückließ. Die Familie der Mutter beeilte sich, den Vater ausfindig zu machen und ihm das Kind zu übergeben, um das er sich nie gekümmert hatte.

Tragischer als in Brasilien ist in Benin das Problem der Zwangsarbeit von Waisenkindern. Nach dem Tod einer Mutter werden die Angehörigen aktiv, um einen Platz für die Kinder der Verstorbenen zu finden. Die Aufnahme ist öfters nicht wohlwollend. Die Kinder müssen sich unter Lasten beugen, die für ihr Alter viel zu schwer sind. Sie sind es, welche die Märkte bedienen, Waren aufbereiten und Kunden versorgen. Man findet Jugendliche für alle Dienste in den Haushalten, auf den Straßen und am Strand. Niemand ist so arm, dass man nicht noch etwas aus ihm herausholen könnte. Man nimmt ihnen, was sie nicht haben: die Gesundheit und ein glückliches Leben. Was ist mit kranken Waisenkindern, was ist mit de­nen, die ihre Eltern an AIDS verloren haben und selbst daran erkrankt sind?

Tayo war kränklich, entwickelte sich schlecht und erholte sich nicht mehr. Die Konkubine des Vaters weigerte sich, unter demselben Dach mit dem elenden Sohn zu leben. Sie legte Tayo deshalb vor die Tür der Familie der Mutter; da lebte sein um einige Jahre älterer Bru­der. Dieser Bruder - von Hanf abhängig - wechselte oft den Wohnort und wusste nicht, was er mit einem Geschwisterchen anfangen sollte, das einfach nicht sterben wollte, obwohl es auch nicht selbständig leben konnte. Tayos Körperchen wurde zunehmend verzehrt vom schweren Hautausschlag und von Magen-Darm-Problemen. Niemand hätte seinen Krankenhausaufenthalt bezahlt. Im Win­kel eines Hauses hat Nukundido, die häusliche Krankenpflege in Cotonou, Tayo in schlimmem Zustand gefunden.

Jetzt wird täglich für ihn gesorgt. Er erholt sich zunehmend. Manchmal lächelt er - wie ein Weiser. Er spürt, dass ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat.

Was für ein Glück, wenn ein Kind sein Tränenkleid ablegt und den Weg findet - den Weg ins Leben.

Es ist wie Weihnachten. Wir sind wie Júlia, »de Deus«. »Tayo« heißt auf deutsch »zum Glück geboren«.

Lieben Dank Euch allen und frohe Weihnacht für alle Eure Lieben!

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